Es wird Nacht in Berlin

Es wird Nacht in Berlin

06.12.2017

Das Berlin der Goldenen 1920er ist eine Erfolgsstory, die das 20. Jahrhundert seinen Kindern und jetzt auch Kindeskindern immer wieder gerne erzählt: so viel Rasanz, Theatralik, Drama, Lichter der Großstadt, Verkehrschaos, Leben, das laut auf sich aufmerksam macht, will es nicht in Hinterhöfen und Mietskasernen verkümmern, Cabaret, Theater, Funk, Film, Reklame, Bubikopf und Monokel, queere Kieze, Charleston und der „Onkel Bumba aus Kalumba“; alles rennt, rast und schwoft, jeden Tag breaking news, Sensationen und Spektakel. An dieser Geschichte, deren Strahlkraft heller leuchtet als fünf Millionen Osram-Birnen (Werk Berlin-Friedrichshain), haben viele mitgestrickt, Kunstschaffende, City Girls, Gigolos, Bohemiens, Intellektuelle, Koksbarone, Ringvereine und Politgangster, Wissenschaftler, Sportskanonen und Spekulanten, Dr. Mabuse, Mackie Messer, Maria, der schöne Maschinenmensch und eine endlose Parade von tanzwütigen Nachtschwärmern.

 

Nach den Bestsellern Hollywood in the 30s und Jazz: New York in the Roaring Twenties hat sich Illustrator Robert Nippoldt diesmal mit dem Schriftsteller Boris Pofalla zusammengetan, um den Geist dieses Jahrzehnts in einem atmosphärisch dichten Album einzufangen.

Nippoldt stellt nicht nur bekannte Figuren wie Lotte Reiniger, Christopher Isherwood, Albert Einstein, Kurt Weill, Marlene Dietrich und George Grosz vor, sondern auch Thea Alba, „die Frau mit zehn Gehirnen“, Magnus Hirschfeld, den „Einstein des Sex“, und den berühmt-berüchtigten Ganoven Adolf Leib. Bevor Weltwirtschaftskrise und Naziherrschaft Berlin das Licht ausknipsen, zeigt uns Nippoldt noch einmal alles: die grellen Lichter der Großstadt und das Grau der Fabriken, Hinterhöfe und Mietskasernen, das Geschrei der Sporthallen und die Stille der Theatersäle, den Gesang der Comedian Harmonists und Marlene Dietrich, die sich zylinderbehütet eine Zigarette anzündet und dann ‒ kluge Frau ‒ ein Dampferticket nach Hollywood kauft.

 

Zeitungen, Magazine und Kulturportale feiern enthusiastisch das Erscheinen des Bildbandes. Die Welt am Sonntag empfiehlt das Werk, das bei Taschen erschien, ganzseitig, der Tagesspiegel würdigt das „sinnliche Kompendium“ und insbesondere die Texte von Boris Pofalla: „Ihm gelingen dichte Kurzbiografien zu den Portraits zeitgenössischer Persönlichkeiten, die hinlänglich bekannte Größen wie Marlene Dietrich neben den heute vergessenen Varietéstar Thea Alba stellen.“ Die BZ berichtet in ihrer Sonntagsausgabe auf einer Doppelseite und stellt fest: „Der feiernden, rasanten Metropole voller exzessiver Lebenslust zu Beginn des letzten Jahrhunderts wurde in diesem Buch ein Denkmal gesetzt.“

 

Einen ersten Einblick in das Gesamtkunstwerk, das mit einer Musik-CD mit 26 raren Originalaufnahmen ausgestattet ist, bietet eine Fotostrecke auf Spiegel-Online.